Dieser Artikel befasst sich mit der Plansprache Esperanto; zu anderen Bedeutungen siehe Esperanto (Begriffsklärung). |
Esperanto | ||
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Projektautor | Ludwik Lejzer Zamenhof | |
Jahr der Veröffentlichung | 1887 | |
Sprecher | etwa 1000 Muttersprachler[1][2][3][4]; insgesamt zwischen 0,5 und 2 Millionen Sprechern[5] | |
Linguistische Klassifikation |
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Besonderheiten | Substantive, Adjektive, Verben und abgeleitete Adverbien sind an charakteristischen Endungen erkennbar.(*) | |
Offizieller Status | ||
Amtssprache von | keinem Land der Welt | |
Sprachcodes | ||
ISO 639-1 |
eo | |
ISO 639-2 |
epo | |
ISO 639-3 |
epo |
Symbole | |
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Esperantoflagge | Jubiläumssymbol |
Textprobe | |
La akcento estas sur la antaŭlasta silabo. La kernon de la silabo formas vokalo. Vokaloj ludas grandan rolon en la ritmo de la parolo. Substantivoj finiĝas per -o, adjektivoj per -a. La signo de la pluralo estas -j. La pluralo de „lasta vorto“ estas „lastaj vortoj“. |
Esperanto ist die am weitesten verbreitete Plansprache. Ihre heute noch gültigen Grundlagen wurden als internationale Sprache[6] 1887 von dem Augenarzt Ludwik Lejzer Zamenhof veröffentlicht, dessen Pseudonym Doktoro Esperanto („Doktor Hoffender“) zum Namen der Sprache wurde. Esperanto besitzt in keinem Land der Welt den Status einer Amtssprache.
Der Esperanto-Gründer Ludwik Lejzer Zamenhof wuchs in der heute polnischen, damals zum Russischen Reich gehörenden Stadt Bjelostock auf. Auf Grund der ethnisch durchmischten Bevölkerung von Polen, Litauern, Deutschen und vor allem Juden, bildeten sich ghetto-artige Strukturen. Oft gab es körperliche Auseinandersetzungen und Pogrome. Schon zu seiner Schulzeit kam Zamenhof der Gedanke, dass eine neutrale Sprache notwendig sei, um Ghettobildung und Rassismus zu verhindern und letztlich auch der Schlüssel zum Weltfrieden wäre.[7]
1887 veröffentlichte Zamenhof in Warschau eine Broschüre mit den Grundlagen der Sprache.[8][9] In seinem Unua Libro („Erstes Buch“) formulierte er zugleich drei Ziele für seine Sprache:
Das erste Ziel soll u. a. durch folgende Mittel erreicht werden:
Die erste Ausgabe des Unua Libro, in Russisch, umfasst 40 Seiten im Format A5. Der Grammatik-Teil darin enthält 16 Regeln auf sechs Seiten.
1889 folgte eine Adressenliste mit den ersten Anhängern, außerdem wurde die auf Esperanto in Nürnberg herausgegebene Zeitschrift La Esperantisto gegründet.[11]
1898 gründete Louis de Beaufront eine französische Esperanto-Gesellschaft, aus der später der erste Esperanto-Landesverband wurde.[12] Marie Hankel übersetzte die von Zamenhof verfasste Dichtung „La Espero“. In der Vertonung des Barons Félicien Menu de Ménil aus Paris avancierte diese zur internationalen bei allen größeren Festlichkeiten der Esperantisten in allen Ländern gesungenen Hymne.[13]
1908 wurde der Esperanto-Weltbund gegründet.[14] Bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges gab es Verbände oder zumindest Ortsgruppen auf allen Kontinenten.
Zwischen den beiden Weltkriegen kam es in mehr als einem Dutzend Ländern zu Behinderungen. Im nationalsozialistischen Deutschland wurden neben vielen anderen auch Plansprachenvereinigungen verboten.[15]
Unter Josef Stalins Herrschaft in der Sowjetunion gab es kein öffentlich bekannt gemachtes Verbot, jedoch wurden bereits mit Beginn der Großen Säuberung neben vielen anderen Gruppen auch führende Esperanto-Sprecher verhaftet und deportiert. Der Geheimdienst NKWD listete zunächst u. a. „alle Menschen mit Auslandskontakten“ auf.[16] Ein Befehl von 1940 aus Litauen listet „Esperantisten“ neben Briefmarkensammlern unter den zu registrierenden Personengruppen.[17] Tausende Esperantosprecher wurden verhaftet und in Lager gesperrt; Rytkov schätzte, dass unter den 1,5 Millionen Verhafteten auch 30.000 sowjetische Esperanto-Sprecher waren, von denen einige Dutzend erschossen wurden; Tausende starben später in Lagern.[18]
Während des Kalten Krieges dauerte es längere Zeit, bis in den osteuropäischen Staaten Esperanto-Verbände gegründet werden konnten. Eine Ausnahme bildete Jugoslawien, wo bereits 1953 ein Esperanto-Weltkongress stattfand. 1959 fand in Warschau der erste Weltkongress in einem Land des Ostblocks statt. Nach und nach entwickelten sich Kontakte und Zusammenarbeit zwischen den Landesverbänden in Ost und West. 1980 durfte der chinesische Landesverband dem Esperanto-Weltbund beitreten.
Nach dem Zweiten Weltkrieg stieg die Zahl der Landesverbände im Weltbund stetig an. 1948 hatte der Weltbund 19 Landesverbände, 1971 bereits 34, 1989 waren es 47 und 2013 insgesamt 71.[19] Die Anzahl der Menschen, die diesen Verbänden angehören, wuchs jedoch nicht in gleichem Maße und sank auch wieder. 2016 befand sie sich auf dem niedrigsten Stand seit 1947.
Die Wörter bestehen überwiegend aus unveränderlichen Wortelementen, die aneinandergefügt werden. So wird beispielsweise die Mehrzahl der Substantive und Adjektive und der Pronomen durch das Anhängen eines -j gebildet: domo ,Haus‘, domoj ,Häuser‘, der Objektfall durch das Anhängen eines weiteren -n: domojn‚ Häuser (Akk. Plural)‘. Der Wortstamm wird nicht verändert, wie es oft im Deutschen vorkommt.[20] Das hier sichtbare agglutinierende Prinzip ist beispielsweise auch aus dem Finnischen, Ungarischen und Türkischen bekannt.
Zamenhof strebte einen regelmäßigen Sprachbau an, um den Lernaufwand zu minimieren, insbesondere in der Morphologie und bei der Wortbildung. Für die Deklination von Substantiven und die Konjugation von Verben gibt es jeweils nur ein Schema. Auch das in vielen Sprachen unregelmäßige Verb „sein“ wird im Esperanto nach demselben Schema konjugiert wie alle anderen Verben:
Singular | Plural | ||||||||
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Präsens | Vergangenheit | Zukunft | Konjunktiv | Präsens | Vergangenheit | Zukunft | Konjunktiv | ||
mi
ich |
estas
bin |
estis
war / bin gewesen |
estos
werde sein |
estus
würde sein/ wäre |
ni
wir |
estas
sind |
estis
waren / sind gewesen |
estos
werden sein |
estus
würden sein / wären |
vi / ci (= vertraulich)
du |
estas
bist |
estis
warst / bist gewesen |
estos
wirst sein |
estus
würdest sein / wärst |
vi
ihr |
estas
seid |
estis
wart / seid gewesen |
estos
werdet sein |
estus
würdet sein / wärt |
li / ŝi / ĝi / oni
er/sie/es/man |
estas
ist |
estis
war / ist gewesen |
estos
wird sein |
estus
würde sein / wäre |
ili
sie |
estas
sind |
estis
waren / sind gewesen |
estos
werden sein |
estus
würden sein / wären |
Zur besseren Erkennbarkeit haben einige Wortarten bestimmte Endungen. -o beispielsweise ist die Endung für Substantive: domo ,Haus‘; -a ist die Endung für Adjektive: doma ,häuslich‘ usw. Auch einige Wörter, die weder Substantive noch Adjektive sind, enden auf -o oder -a,[21] sodass der Endvokal allein zur Wortartbestimmung nicht ausreicht.
Die meisten Esperanto-Wörter entstammen dem Latein oder romanischen Sprachen.[22] Ein ziemlich großer Anteil kommt aber auch aus germanischen Sprachen, vor allem dem Deutschen und Englischen (je nach Textkorpus wird dieser Anteil auf fünf bis zwanzig Prozent geschätzt[23]). Dazu gibt es eine Reihe von Wörtern aus slawischen Sprachen, besonders dem Polnischen und dem Russischen. Außerdem wurden Wörter aus dem Griechischen entlehnt. Die Auswahl derjenigen Sprache, aus der Zamenhof ein Wort nahm, bestimmte er nach Zweckmäßigkeit, zunächst danach, welches Wort den meisten bekannt sein könnte, dann oft, um Verwechslungen zu vermeiden. Allerdings gibt es auch falsche Freunde; beispielsweise drückt das Präfix mal- in Esperanto das Gegenteil aus, ohne dass es auf etwas Schlechtes hinweist.
Einige Wörter sind in mehreren indogermanischen Sprachen bekannt, zum Beispiel Esperanto religio ‚Religion‘: englisch religion, französisch religion, polnisch religia; Esperanto lampo ‚Lampe‘: englisch lamp, französisch lampe, polnisch lampa usw. Teilweise existieren im Esperanto bewusste Mischformen, zum Beispiel ĝardeno ‚Garten‘: Die Schreibung ähnelt englisch garden, die Aussprache ähnelt französisch jardin.
Die Schreibweise ist phonematisch, das heißt, dass jedem Schriftzeichen nur ein Phonem (Sprachlaut) und jedem Phonem nur ein Schriftzeichen zugeordnet ist. Sie verwendet Buchstaben des lateinischen Alphabets, ergänzt durch Überzeichen (diakritische Zeichen). Beispielsweise entspricht ŝ dem deutschen sch und ĉ dem tsch (z. B. in ŝako ‚Schach‘ und Ĉeĉenio ‚Tschetschenien‘). (Siehe auch Esperanto-Rechtschreibung.)
Sprachbeispiel
Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, Artikel 1:
Jährlich erscheinen mehr als hundert wissenschaftliche Artikel zu Esperanto und anderen geplanten Sprachen[24]. In Deutschland gibt es die „Gesellschaft für Interlinguistik“, deren etwa 70 Mitglieder sich der Erforschung des Esperanto und anderer geplanter sowie internationaler Sprachen und ihrer Verwendung widmen.
Der mit etwa 15.000 Mitgliedern größte weltweite Dachverband ist der Esperanto-Weltbund mit Sitz in Rotterdam. Ihm obliegt die Ausrichtung und Organisation des jährlich stattfindenden Esperanto-Weltkongresses, der größten und wichtigsten Veranstaltung mit Teilnehmerzahlen zwischen 350 und 3000.
Die größten Esperanto-Organisationen in Deutschland sind mit etwa 700 Mitgliedern der Deutsche Esperanto-Bund sowie dessen Jugendorganisation, die Deutsche Esperanto-Jugend, die mit ihren Orts-, Regional- und Landesverbänden etwa 100 Mitglieder hat. Diese ist gleichzeitig Mitglied der weltweiten Jugendorganisation TEJO.
Im österreichischen Landesverband sind 72 Esperantisten organisiert, die Schweizerische Esperanto-Gesellschaft vertritt 170 Mitglieder inklusive der Jugendgruppe.
Nach Darstellung des Esperanto-Aktivisten Renato Corsetti waren 1996 etwa 350 Familien bei der „Familia Rondo“ des Esperanto-Weltbundes registriert, in denen die Kinder mit Esperanto als zweiter Muttersprache aufwuchsen.[3] Schätzungen von 2012 gehen von bis zu 2000 Muttersprachlern aus[2]; der Esperanto-Weltbund gibt derzeit (April 2017) eine Anzahl von 1.000 Muttersprachlern an.[25]
Die Schätzungen für die Zahl der heutigen Sprecher weichen stark voneinander ab – es finden sich Zahlen zwischen 100.000 und zehn Millionen; es ist zu beachten, dass verschiedene Angaben sich auf unterschiedliche Niveaus der Sprachbeherrschung und -nutzung beziehen.
Schätzungen gehen davon aus, dass in den über 130 Jahren seines Bestehens zwischen 5 und 15 Millionen Menschen Esperanto erlernt hätten.[26] Im Jahr 1889 lebten noch über 90 % der Esperantosprecher in Russland. Eine umfassende Erhebung des deutschen Esperanto-Instituts im Jahr 1926 ergab eine Anzahl von 136.209 Sprechern weltweit, darunter über 120.000 in Europa, etwa 31.000 in Deutschland.[27] Esperanto habe darüber hinaus eine lange Geschichte in Ländern wie China, Japan und Brasilien, und aktive Esperanto-Sprecher könnte man in den meisten Ländern der Welt finden, schreiben Byram und Hu.[28] Laut John R. Edwards gab es in China 2004 bei einer Bevölkerungszahl von über einer Milliarde Menschen ca. 10.000 Esperanto-Sprecher, von denen etwa 10 % die Sprache fließend beherrschten, was einem Anteil von 0,0001 % der Bevölkerung entspräche.[29] Bei der ungarischen Volkszählung für 2011 gaben 8397 Personen Esperanto-Kenntnisse an, ohne dass nach der Sprachfertigkeit gefragt wurde.[30] Bei einer Einwohnerzahl von etwa 10 Millionen entspricht das einem Anteil von weniger als 0,1 Prozent der Bevölkerung, die angaben, Sprachkenntnisse in Esperanto zu besitzen.
Das linguistische Sammelwerk Ethnologue gibt eine Zahl von zwei Millionen Menschen an, die Esperanto sprechen;[31] diese Zahl basiert auf Schätzungen von 2004 und 2015.
Der 2013 zum Präsidenten der Universala Esperanto-Asocio gewählte Mark Fettes ging im Jahr 2003 von weniger als 150.000 Sprechern weltweit aus;[32] dies dürfte sich auf die Zahl der regelmäßigen Sprecher beziehen. Rudolf Fischer, damals Vorsitzender des Deutschen Esperanto-Bundes, vermutete 2008: „Weltweit sprechen rund 100.000 Menschen fließend und regelmäßig Esperanto, davon leben etwa 2000 in Deutschland.“[33]
Die Frage nach der Anzahl der heutigen Esperantosprecher „löst leicht Verlegenheit aus“ und „gerät dabei unversehens zum Schätzungsabenteuer“.[34]
Der Esperanto-Weltbund (UEA) hatte Ende 2016 hatte 4.365 Einzelmitglieder und 8.689 assoziierte Mitglieder.[35] Das ist der niedrigste Stand seit der Neugründung der UEA 1947.
Während zu Zeiten des Kalten Kriegs in den sozialistischen Staaten Esperanto gefördert wurde, spielt Esperanto-Unterricht in Schulen oder Hochschulen des ehemaligen Ostblocks heute faktisch keine Rolle mehr.
Nach Angaben aus dem Jahr 1982 wurde seinerzeit in 36 Ländern Esperanto-Unterricht aufgrund staatlicher Verfügungen erteilt. Dazu gehörten viele sozialistische Staaten, darunter Polen, Ungarn, Bulgarien und die baltischen Sowjetrepubliken.
Hintergrund war die Tatsache, dass die damaligen sozialistischen bzw. kommunistischen Staaten, Englisch als de-facto-Weltsprache und die damit einhergehende westliche Dominanz nicht akzeptieren wollten und daher Esperanto als Gegengewicht unterstützten. Dazu wurden die staatlich beköstigten Esperanto-Verbände eingesetzt.[36] Lehrveranstaltungen an Universitäten gab es 1970 weltweit an 15 Hochschulen, 1980 an 51 und 1985 an 110 Hochschulen in 22 Ländern.[37][38] Nach einer Schätzung des Esperanto-Funktionärs Humphrey Tonkin aus dem Jahr 1984 erlernten an 32 chinesischen Universitäten 120.000 Studenten Esperanto, während gleichzeitig etwa 10 Millionen chinesische Studenten Englisch lernten.[39] Der wichtigste Esperanto-Studiengang bestand zwischen 1969 und 2002 an der Eötvös-Loránd-Universität in Budapest.
Anfang des 21. Jahrhunderts ist in Ungarn Esperanto als Prüfungsfach an einigen höheren Schulen zugelassen. Es existieren kleinere Schulprojekte an Grundschulen wie das britische Springboard to Languages,[38] das an vier Grundschulen durchgeführt wird. Ein dreijähriger esperantosprachiger Studiengang „Interlinguistik“ wird seit 1998 an der Adam-Mickiewicz-Universität Posen angeboten[40]; an der Universität Amsterdam existiert seit 2002 ein vom Esperanto-Weltbund finanzierter, jeweils auf fünf Jahre begrenzter Lehrstuhl für Interlinguistik und Esperanto[41].
In Polen gehört Esperanto „als Träger der Esperanto-Kultur“ seit 2014 zum offiziellen immateriellen Kulturerbe.[42][43] Die Republik Kroatien hat die Esperanto-Tradition ebenfalls als immaterielles Kulturerbe anerkannt.[44]
Sogenannte Esperantide (auch Esperantoide) sind Sprachen, die auf der Basis von Esperanto konzipiert wurden. Die erste dieser Art ist Mundolinco, die bereits 1888, also ein Jahr nach Esperanto, veröffentlicht wurde.
Ido ist eine 1907, also 20 Jahre nach Esperanto, publizierte Plansprache, die auf dessen Gerüst basiert. Es wurden einige Vereinfachungen und Vereinheitlichungen vorgenommen, wie zum Beispiel der Verzicht auf jegliche diakritische Zeichen. Einige Veränderungen erfolgten auch in der Grammatik, wobei es sich nicht um Grundlegendes handelt.
Novial ist ein 1928 von Otto Jespersen entwickelter Mittelweg zwischen Esperanto und Ido.
Gegen die Einführung von Esperanto als allgemein zu lernende internationale Sprache wurde unter anderem folgendes als Kritik vorgebracht:
Sprachwissenschaft
Geschichte
Wörterbücher (in Buchform)
Wörterbücher (online)
Lehrbücher und Grammatiken
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