Licensed under Creative Commons Zero, Public Domain Dedication (Brejnev).
Dieser Artikel behandelt die Sprachpraxis. Siehe auch: Mehrschriftigkeit. |
Mehrsprachigkeit bezeichnet die Fähigkeit eines Menschen, mehr als eine Sprache zu sprechen oder zu verstehen. Auf eine Familie, soziale Gruppe, Kultur, Gesellschaft, ein Gebiet oder einen Staat bezogen versteht man unter diesem Begriff die Geltung und die verbreitete oder übliche Verwendung mehrerer Sprachen nebeneinander durch die beteiligten Personen oder Institutionen. Bei Informationssystemen, Anleitungen, Schildern und dergleichen spricht man von Mehrsprachigkeit, wenn diese parallel in mehreren Sprachen zur Verfügung stehen.
Der weitaus größte Teil der Menschheit wächst mehrsprachig auf und lernt im Kindesalter mehrere Sprachen mühelos. Ein weiterer großer Anteil der Menschen lernt im fortgeschrittenen Alter von acht bis zehn Jahren oder danach mindestens eine Fremdsprache mit meist erheblich mehr Mühe und vergleichsweise weniger Erfolg.
Mehrsprachigkeit bezeichnet:
Die Begriffe werden in alltäglicher Anwendung nicht immer klar unterschieden, sind in wissenschaftlichen Disziplinen jedoch genau und einander ausschließend definiert. Ein Mensch, der mehrere Sprachen spricht, wird als polyglott bezeichnet.
Unter individueller Mehrsprachigkeit versteht man die Fähigkeit einer Person, sich in mehreren Sprachen verständigen zu können. Die Person kann von einer Sprache in die andere umschalten, falls dies erforderlich ist, um beispielsweise eine Unterhaltung aufrechtzuerhalten (Siehe auch Code-Switching, Code Mixing). Es geht mehr darum, dass die Person sich im Alltag in verschiedenen Sprachen verständigen kann, als dass sie jede Sprache perfekt beherrscht. Die Mehrsprachigkeit einer Person entsteht durch unterschiedliche Lernprozesse und ist abhängig von vielen äußeren und inneren Faktoren, wie zum Beispiel dem Alter, dem Ort, der Art und den Umständen, in denen sich eine Person befindet, als auch der Motivation der lernenden Person.
Der Erwerb kann sehr unterschiedlich sein. Einerseits kann ein Individuum simultan mehrere Sprachen erlernen. Dies ist der Fall, wenn zum Beispiel beide Elternteile unterschiedliche Sprachen sprechen. Er kann allerdings auch sukzessiv erfolgen, wenn ein Kind nach seiner Muttersprache eine andere Sprache, zum Beispiel in der Schule dazulernt. Der Erwerb kann ungesteuert sein, also beispielsweise im Rahmen der Alltagskommunikation erfolgen oder gesteuert, zum Beispiel mittels Unterricht. Man kann auch zwischen symmetrischer und asymmetrischer Mehrsprachigkeit unterscheiden. Bei erster beherrscht man die Sprachen gleich gut ohne dass, wie bei der asymmetrischen, eine Sprache weniger gut beherrscht wird.
Die individuelle Mehrsprachigkeit kennt viele Ursachen; zum Beispiel das Leben in Sprachgrenzgebieten, in sprachlich gemischten Regionen, Zusammenleben und Heirat mit Anderssprachigen, der Zugang zu höherer Bildung, der Glaube und die Zugehörigkeit zu einer Religion etc. (Yilmaz, 2004).
Unter territorialer Mehrsprachigkeit versteht man das gleichzeitige Vorhandensein von mehreren Sprachen auf einem Territorium.
Unter gesellschaftlicher Mehrsprachigkeit versteht man, wenn eine gegenseitige Durchdringung der Sprachgemeinschaften eintritt. Das heißt, dass Individuen im Alltag von mehr als einer Sprache Gebrauch machen. Dies tritt beispielsweise in Überlappungsgebieten an Sprachgrenzen ein.
Die institutionelle Mehrsprachigkeit bedeutet, dass in Verwaltungen oder Institutionen verschiedensprachig gesprochen wird. In der Schweiz werden beispielsweise die nationalen und kantonalen öffentlichen Dienste in verschiedenen Sprachen angeboten und Lebensmittel in Großverteilern dreisprachig angeschrieben.
Der Gebrauch der Sprache wird auf unterschiedliche Domänen verteilt. So spricht man beispielsweise am Arbeitsplatz anders als in der Familie oder unter Freunden. Es handelt sich also oft um eine funktionelle Verteilung von zwei Varietäten einer Sprache. Ein Beispiel wäre die Standardsprache und die Umgangssprache. Man spricht auch von Diglossie, wenn die Varietäten nicht die gleiche Sprache als Basis haben, wie zum Beispiel bei Immigranten, die ihre Muttersprache oft mit einbeziehen.
Es gibt mehrere Ursachen für Mehrsprachigkeit. Diese sind meist politischer und historischer Natur.[1]
Eine erste bedeutende Ursache ist die Ausbreitung eines Landes zur Zeit der Kolonialisierung. „Bei einer territorialen Eroberung durch Expansion eines Staates bringt das Eroberland seine Sprache mit in das eroberte Land und installiert diese dort durch Zwang.“ (Roos, 2005, S. 5). Dies war zum Beispiel bei den französischen Kolonialeroberungen in Afrika der Fall. Auch wenn nun die ehemals eroberten Länder keine Kolonien mehr sind, so hat sich die französische Sprache jedoch etabliert und wurde die offizielle Sprache dieser Länder. „Hinzuzufügen ist, dass die willkürlichen Grenzziehungen bei der Aufteilung Afrikas durch die Kolonialmächte dazu beigetragen hat, dass einzelne Staaten mehrere Sprachgruppen beherbergen, da die Staatsgrenzen größtenteils mitten durch Stammesgebiete verlaufen. Wenn somit vor der kolonialen Invasion jeder Stamm sein Gebiet und seine Sprache hatte, so verteilen sich die unterschiedlichen Sprachgruppen auf verschiedene Staatsgebiete. Dadurch entsteht Mehrsprachigkeit nicht nur durch Kontakt des Französischen mit den autochthonen Sprachen, sondern auch durch den Kontakt der autochthonen Sprachen untereinander.“ (Roos, 2005, S. 5).
Eine andere Ursache eine fremde Sprache zu erlernen ist die Migration. Als sprachliche Minderheit ist es oftmals unausweichlich notwendig, die Sprache des Gastlandes zu erlernen, aber je größer die sprachliche Minderheit, desto geringer der Zwang zum Spracherwerb.
Eine dritte Ursache zur Entstehung von Mehrsprachigkeit ist die Vereinigung von Staats- und unterschiedlichen Sprachgebieten. Oft wehrt sich eine Volksgruppe gegen die Dominanz einer fremden Sprache als verordnete Amtssprache. Mehrere Beispiele: So gilt in China Mandarin als Staats- und Amtssprache auch für die Bewohner mit anderer Muttersprache. Auch im eigentlich deutschen Sprachgebiet in Frankreich (Elsass und Lothringen) gilt Französisch verpflichtend als Unterrichts- und Amtssprache. So versuchten im 19. Jahrhundert die Habsburger in ihrem Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn Deutsch als alleinige Amtssprache für alle Völker einzuführen.
Zuletzt spielt die Globalisierung von Politik und Wirtschaft eine wichtige Rolle für die Entwicklung von Mehrsprachigkeit. Die Fähigkeit, mindestens eine Fremdsprache zu beherrschen, wird immer mehr als eine Grundvoraussetzung für moderne Berufsausbildung angesehen.
Durch die Globalisierung werden Mehrsprachigkeit, Multilingualismus und Polyglossie zunehmend zu Schlüsselbegriffen zum Verständnis vieler gesellschaftlicher Veränderungen:
In Reaktion auf die Globalisierungsfolgen kann es sinnvoll sein, etwa den frühen multilingualen Spracherwerb von Kleinkindern zu fördern und spezifische Phänomene wie z. B. das Code-Switching linguistisch zu erforschen. Als solches bezeichnet man den „Wechsel zwischen verschiedenen Sprachvarietäten bei bilingualen bzw. multilingualen Sprechern je nach Erfordernissen der Kommunikationssituation“ (Bußmann 1990 und Földes 2005, S. 210 ff. als „Kode-Umschaltung“). Wurde das Phänomen früher als Defizit gesehen, so wird es heute als Fähigkeit der multilingualen Sprecher betrachtet, sich auf unterschiedliche Gesprächsmodi einzustellen (vgl. Chilla, Rothweilweiler und Babur).
Beim Erwerb von Mehrsprachigkeit unterscheidet man zwei verschiedene Arten:
In Deutschland werden beide Arten, gesteuerter und ungesteuerter Spracherwerb, durch die verschiedenen Aneignungskontexte den Begriffen Deutsch als Fremdsprache (DAF) und Deutsch als Zweitsprache (DAZ) zugeordnet.[2]
Allerdings lassen sich der gesteuerte und der ungesteuerte Spracherwerb nicht immer klar trennen. Beide Möglichkeiten sind oft gekoppelt. Dies hängt immer mit dem jeweiligen Land zusammen. Wenn zum Beispiel ein DAF-Unterricht in einem deutschsprachigen Land stattfindet, lässt sich der gesteuerte und ungesteuerte Spracherwerb nicht mehr klar unterschieden. Denn die Lernenden haben gleichzeitig Kontakt mit deutschen Muttersprachlern in einer natürlichen Umgebung. Sie erwerben die Sprache also auch ungesteuert über das Hören und Sprechen. Dies gilt auch für Migrantenkinder. Sie lernen zum Beispiel die Sprache des Gastlandes in der Schule (gesteuert), aber auch im Umgang mit Gleichaltrigen (ungesteuert).
Ribeaud erklärt, dass der Erstspracherwerb ungesteuert erfolgt. Kleinkinder im Alter von 0 bis 3 Jahren lernen von ihren Eltern, Geschwistern und Familie, sie saugen die Sprache wie ein Schwamm auf. Die Kinder lernen auch indirekt mit, so etwa wenn sie die Eltern reden hören und sie selbst dabei nicht angesprochen werden.
Man unterscheidet zwei Möglichkeiten beim natürlichen Mehrspracherwerb. Wenn die Kinder die zweite Sprache bereits gleichzeitig mit der Erstsprache erwerben, wird von einem bilingualen Erstspracherwerb gesprochen (bis zum Alter von drei Jahren). Man kann jedoch auch eine Sprache als älteres Kind oder als Erwachsener lernen (Riehl 2004). Beim bilingualen Erstspracherwerb (gleichzeitiges Lernen von zwei Sprachen) finden wir auch wiederum unterschiedliche Konstellationen (Romaine 1995).
Riehl erklärt, dass es bei gemischtsprachigen Familien das Prinzip „une personne – une langue“ gibt. Hierbei soll jeder Elternteil mit den Kindern seine Muttersprache sprechen, weil der Sprachgebrauch somit an bestimmte Personen gebunden ist. Kinder können daher zwischen „Papasprache“ und „Muttersprache“ unterscheiden, wenn sie ihr mehrsprachiges Lexikon aufbauen. Schwierig wird es jedoch, wenn einer der Partner nur einsprachig ist und somit beim Familiengespräch ausgeschlossen wird. Die Kinder werden sich aber bei dem „eine Person – eine Sprache“-Prinzip schon sehr früh bewusst, dass sie mehrere Sprachen sprechen. Bei Migrantenkindern, die eine einheitliche Familiensprache sprechen, jedoch in einer unterschiedlichen Umweltsprache aufwachsen, ist es sehr wichtig, dass die Eltern bei ihrer Herkunftssprache bleiben und die Sprachen nicht mischen.
Beim ungesteuerten (natürlichen) Zweitspracherwerb haben die Kinder zwei Möglichkeiten, die neue Sprache zu erlernen. Die Kinder können einerseits die zweite Sprache schon als kleines Kind gleichzeitig mit der Erstsprache erwerben, dann spricht man vom sog. „bilingualen Erstspracherwerb“ (bis zum Alter von drei Jahren). Andererseits kann die Sprache in einem späteren Stadium, als älteres Kind oder als Erwachsener, erworben werden (ab zehn Jahren). Diese letzte Möglichkeit bringt jedoch Probleme mit sich. Beim Erwerb in einem späteren Stadium ist das akzentfreie Beherrschen einer Sprache kaum mehr möglich. Deshalb spricht man in diesem Fall von einer „kritischen Periode“ für Mehrspracherwerb (Riehl, 2004).
Beim bilingualen Erstspracherwerb ist die Entwicklung und Ausbildung einer starken und schwachen Sprache, trotz Strebens nach Ausgewogenheit im sprachlichen Input, nicht unumgänglich (Bilinguale mit dominanter Erst- oder Familiensprache). Das Kind erreicht nur in den seltensten Fällen eine balancierte Zweisprachigkeit (doppelter Erstspracherwerb). Die Förderung beider Sprachen ist also sehr wichtig, damit es nicht durch zu wenig sprachlich angemessenen Input zu einer „beidseitigen Halbsprachigkeit“ kommen kann (Riehl, 2004). Allerdings erklärt Riehl weiter, dass das Gehirn an sich schon auf den Erwerb mehrerer Sprachen ausgerichtet ist und keine eigenen Gebiete für die einzelnen Sprachen vorsieht. Die Sprachfähigkeit ist also angeboren und nicht die Kenntnis eines bestimmten Sprachsystems.
Die Sprache kann zwar durch das Eintauchen in eine anderssprachige Gesellschaft erlernt werden, der Schriftspracherwerb ist dabei jedoch normalerweise an institutionelle Vermittlung, d. h. an Schulunterricht, gekoppelt. Das Gleiche gilt auch umgekehrt für die Erstsprache: Migrantenkinder, die z. B. in Deutschland in die Schule gehen, lernen in der Regel nur die deutsche Sprache als Schriftsprache. Die Muttersprache bleibt hingegen oft lediglich „Haussprache“, was die überwiegende Zahl von Migranten in der ganzen Welt betrifft. Dabei wachsen die Kinder in einem Land mit einer unterschiedlichen Sprache auf und werden auch in dieser Sprache alphabetisiert. „Ausgewogene Mehrsprachigkeit erwirbt man aber nur, wenn man auch die Schriftsprache in der jeweiligen Sprache lernt. D. h. wenn man zweisprachige Schulen oder Schulen mit sog. „Immersionsunterricht“ besucht“ (Riehl, 2004). In dem sogenannten „Immersionsunterricht“ bekommen die „Schüler ein ‚Sprachbad‘, in dem auch andere Unterrichtsfächer als der Sprachunterricht in dieser Sprache abgehalten werden. Diese Immersionsprogramme können sehr vielfältig sein.“ (Riehl, 2004). (Zur Praxis siehe Zweisprachiger Unterricht.)
In Bezug auf die Mehrsprachigkeit wird diese von den Theoretikern aus zwei Sichtweisen betrachtet. Zum einen wird sie noch immer als Nachteil einer Gesellschaft betrachtet, zum anderen stellt sie eine Anzahl von Vorteilen dar. Diese Chancen der Mehrsprachigkeit werden nun hier deutlich gemacht.
Ein offensichtlicher Vorteil der Mehrsprachigkeit ist die erhöhte gesellschaftliche Kommunikationsfähigkeit (Reimann, 2009). Zum einen fördert dies einen internationalen Austausch (Roth, 2006). Menschen mit unterschiedlichen Muttersprachen und aus verschiedenen Ländern können sich trotzdem untereinander verständigen und in vielen Situationen kommunizieren. Die Verständigungsmöglichkeiten sind nicht nur nach außen gerichtet, sondern auch nach innen: Innerhalb einer Gesellschaft werden die Verständigungsmöglichkeiten gefördert. Da die Kommunikation zwischen den Mehr- und Minderheiten möglich wird, kann ein gemeinsames Miteinander möglich werden. Auf diese Weise wird unterschiedlichen Minderheiten die Integration in die und die Partizipation an der Gesellschaft erleichtert (Roth, 2006).
Die Sprachen, die ein Mensch beherrscht, können ihm in vielen Punkten als sprachliche Ressource dienen. Kinder sowie Jugendliche, die mit mehreren Sprachen aufwachsen, gewöhnen sich früh daran, die Sprachen zu kontrastieren. Durch diesen bestimmten Vergleich wird ein metasprachliches Bewusstsein aufgebaut. Dieses stellt einen Vorteil für sie dar, wenn es darum geht, neue Sprachen und somit neue sprachliche Strukturen zu erlernen (Roth, 2006).
So wie Riehl (2006) erläutert, beschränkt sich der Vorteil der Mehrsprachigkeit beim Erlernen neuer Sprachen nicht nur auf das Sprachengefühl, sondern auch auf das metasprachliche Wissen. Mehrsprachige Menschen sind hierbei den einsprachigen überlegen, da sie unterschiedliche sprachliche Strategien beim Erlernen neuer Sprachen anwenden können, die sie aus ihrer Mehrsprachigkeit schöpfen können (so zum Beispiel das Paraphrasieren und das Code-Switching), sie gehen selbstsicherer an Texte heran und suchen gezielter nach vertrauten Strukturen und Wörtern. Sie können ebenfalls besser Wortgrenzen feststellen und grammatische Regeln verstehen, da sie eher auf diese Aspekte aufmerksam werden als Einsprachige (Riehl, 2006).
Unterschiedliche Untersuchungen in der Hirnforschung (vgl. Franceschini, 2001) bringen deutlich hervor, dass eine frühe Mehrsprachigkeit (ab dem sechsten Lebensjahr) im Erlernen von neuen Sprachen erhebliche Vorteile aufzeigt. Die weiteren Sprachen können an die Areale der bereits vorhandenen Sprachen verlinkt werden und somit das Lernen erleichtern (Riehl, 2006). In weiteren Studien haben Psycholinguisten feststellen können, dass es eine unverkennbare Verbindung zwischen dem metasprachlichen Bewusstsein und dem Lesenlernen besteht. Eine dieser Studien (vgl. Clyne, 2005) hat gezeigt, dass mehrsprachige Kinder den monolingualen Kindern hierbei einige Monate voraus sind. Dies wird durch ihre Fähigkeit zur Worterkennung begründet (Riehl, 2006).
Die Mehrsprachigkeit bringt des Weiteren sprachpragmatische Aspekte mit sich. Zwei- und Mehrsprachigkeit erweitert den Horizont des Einzelnen. Dies bezieht sich zum einen auf die interkulturelle Verständigung, aber zum anderen ebenfalls auf die individuellen Bildungsmöglichkeiten. Mehrere Sprachen sprechen und verstehen zu können, bringt im schulischen und im beruflichen Feld viele Vorteile mit sich (Roth, 2006).
Im Sinne des sprachpragmatischen Aspektes spricht Riehl (2006) von der „differenzierten Sicht auf die Welt“ der Mehrsprachigen, da sie durch „die Brille der anderen Sprachen“ blicken können, so andere Sichtweisen kennenlernen und flexibler im Handeln werden.
Die durch die Migration entstandene Mehrsprachigkeit wird von einigen wenigen Forschern als Nachteil gesehen, und es wird in der Literatur immer wieder auf ihre Schwierigkeiten hingedeutet. So beteuert Stölting (1980), dass die Mehrsprachigkeit überhaupt nicht in der Natur des Menschen liege. Wir seien ein einsprachiges Lebewesen und es würde gegen unsere Natur sprechen, weitere Sprachen zu lernen und zu sprechen (Ostendoerfer, 2009). Die folgenden Argumente und Beobachtungen beziehen sich alle auf später und möglicherweise unvollständig erworbene Zweitsprachen. Bei Erwachsenen mit kindlich erworbener Mehrsprachigkeit, unter sechs Jahren, sind sie nicht nachweisbar.
Eine der Schwierigkeiten bei der Mehrsprachigkeit ist der Weg, der dahin führt. Eine zweite oder dritte Sprache zu erlernen, kostet den Lerner viel Zeit. Dies stellt einen großen Aufwand dar, der oft auf Kosten anderer Tätigkeiten stattfindet und der viele Menschen davon abhält, weitere Sprachen zu erlernen (Krieger, 2011). Abhängig vom Kontext, in dem man lernt, muss man von unterschiedlich hohen Kosten ausgehen, so wie unter anderem durch Sprachkurse und durch Bücher zur Unterstützung des Lernprozesses.
Wenn man unterschiedliche Sprachen lernt und sie spricht, ist es laut Krieger (2011) klar, dass die Sprachen sich gegenseitig beeinflussen. Dies führe zu einer Schwächung des Sprachgefühls, da ein Mehrsprachiger sich nie auf eine einzige Sprache konzentrieren könne, ohne sich beim Sprechen und beim Schreiben ebenfalls an den weiteren Sprachen zu orientieren. Weitere Faktoren, die negativ durch die Mehrsprachigkeit beeinflusst werden, seien die Unsicherheit des Ausdruckes und die Armut des lebendigen Wortschatzes. Dies wird dadurch begründet, dass man immer wieder die Sprachen, den Wortschatz sowie die Grammatik der einzelnen Sprachen durcheinander bringe.
Laut Eichinger (1994) wird eine Gemeinschaft unter anderem von der Sprache der einzelnen Teilnehmer zusammengehalten. Werden jedoch mehrere Sprachen gesprochen, so ist die Gemeinschaft nicht so stark wie eine Gruppe von Menschen, die nur eine Sprache spricht. In diesem Falle ist die Zusammengehörigkeit stärker und den Menschen auch bewusster. Dieser negative Aspekt der Mehrsprachigkeit steht jedoch im Kontrast zum Faktor der Integration und Partizipation der Teilnehmer einer Gesellschaft durch die Mehrsprachigkeit, der oben unter „Chancen der Mehrsprachigkeit“ aufgeführt ist.
Wiederum im Kontrast zu den oben genannten Chancepunkten der Mehrsprachigkeit soll laut Roth (2006) und Eichinger (1994) die Mehrsprachigkeit eine Sprachbarriere für die Menschen darstellen. Da ein Mehrsprachiger keine seiner Sprachen mit fester Sicherheit sprechen könne (da alle Sprachen sich gegenseitig beeinflussten), könne dies dazu führen, dass sich niemand in einer mehrsprachigen Gesellschaft richtig miteinander verständigen könne. In Bezug auf Migrantenfamilien verhindere dies ebenfalls ihre Integration in die und ihre Partizipation an der Gesellschaft.
This article uses material from the Wikipedia article "Mehrsprachigkeit", which is released under the Creative Commons Attribution-Share-Alike License 3.0. There is a list of all authors in Wikipedia
Entertainment